Es hilft kein andauerndes lamentieren: Vielleicht muss man sich in der Medienlandschaft mit der frustrierenden Tatsache einfach (vorerst) abfinden, dass Bezahlinhalte im Internet schwer oder gar nicht funktionieren. Umso enthusiastischer werden dann seltene Erfolge gefeiert, wie die rasante Entwicklung Digitaler Magazine in den App Shops. Aber es lohnt sich genauer hinzusehen: wie ist es wirklich bestellt um den Erfolg von Tablet Magazinen & Co?
Die Nutzer digitaler Ausgaben haben in den letzten zwei Jahren fraglos rapide zugenommen. Gab es anfangs nur einige Prestigeobjekte wie den Digital-Ableger des US-Magazins Wired, so finden sich allein im deutschen iTunes Store mittlerweile rund 2.000 Publikationen. Adobe, das mit seiner Publishing Plattform DPS klarer Marktführer im Bereich Design & Publishing von Inhalten auf Tablet Magazinen ist, gibt die Zahl der wöchentlichen Downloads mit stolzen 2 Millionen an. Da die Publikationen als Folio Dateien von den Adobe Servern heruntergeladen werden, lassen sich solche Zahlen sehr genau angeben und verfolgen. Und das freut die Publisher ganz besonders: 80 Prozent der Downloads sind bezahlte Angebote – einzeln verkaufte Apps oder digitale Abos.
Ich selbst downloade oder abonniere regelmäßig Digitale Magazine auf meinem Tablet – insbesondere auf Reisen bequem und unterhaltsam. Damit gehöre ich allerdings noch immer zur absoluten Minderheit der Leserschaft. Weniger als 10 Prozent macht der Anteil von Digital-Konsumenten populärer Zeitschriften aus. Und diese Zahlen stammen von dem US-amerikanischen Äquivalent zur IVW und dürften damit noch etwas über den hierzulande realistischen Nummern liegen. Der (wirtschaftliche) Erfolg oder Misserfolg eines Mediums spielt sich also nach wie vor ausschließlich offline ab. Vielleicht auch deshalb gibt es so gut wie keine Formate, die nur als Tablet Publikation existieren. Das nett gemachte Consumer Tech Magazin iGizmo etwa, das zuletzt nur noch als App verfügbar war, wurde 2012 eingestellt.
Die Zukunft Digitaler Magazine hängt stark davon ab, ob die Verlage daran glauben mit ihnen neue Leserscharen zu erschließen. Ein langweiliges PDF-Abbild der Printausgabe auf dem iPad wird nicht die Geldbeutel zusätzlicher Konsumenten öffnen. Vielmehr gilt es die Möglichkeiten des digitalen Mediums auszuschöpfen, erweiterten Content in Form von Videos, Interaktiven Verlinkungen, Animationen und mehr einzubetten. Dies kostet allerdings zunächst einmal Zeit und Geld. Dass es sich dennoch lohnen kann bewies jüngst das britische Automagazin Top Gear. Nachdem die Digitalausgabe komplett runderneuert wurde und jetzt als eigenständiges, interaktives Medium überzeugt, stiegen die Downloadzahlen um 50 Prozent an. In diesem Sog explodierten auch der Aboumsatz und die Anzeigenverkäufe. Allerdings besitzt Top Gear basierend auf dem immensen Erfolg seiner TV Show entsprechende Finanz-Ressourcen um so ein Projekt aus der Taufe zu heben.
In Deutschland sind die iPad Ausgabe der Welt, sowie die Apps von Bild und der Zeit beliebt. Keines davon überzeugt aber mit einem innovativen Digitalkonzept.
Stern und Spiegel orientieren sich an ihren Printausgaben, reichern diese aber zumindest etwas mit Grafiken und Videos an. Die View setzt ihrem Titel gemäß ganz auf spektakuläre Bilder. Nett gemacht und vergnüglich anzusehen auf dem Tablet.
Es hat aber den Anschein, dass sich insbesondere auf dem deutschen Markt noch kaum jemand traut, konsequent neue kreative Wege einzuschlagen und wirklich Formate maßgeschneidert für die populären mobilen Endgeräte und deren Nutzergewohnheiten zu konzipieren. Die Branche steht allem Digitalen einfach noch immer etwas (zu) misstrauisch gegenüber.
Etwas mehr Mut und Pioniergeist, bitte!